Rückblick auf das Roßfeldrennen 2016
Originalität vor übertriebenem Perfektionismus. Qualität vor Quantität. Der Edelweiß-Bergpreis am Roßfeld steht wie kaum eine andere Oldtimer-Veranstaltung für die Wertschätzung unvergessener Rennfahrer und Fahrzeuge. Und niemand verkörpert diese Geisteshaltung so perfekt wie Eberhard »Ebs« Mahle in seinem Original Porsche 911-Siegerauto aus dem Jahr 1966.
Die vierte Auflage des Internationalen Edelweiß-Bergpreises Roßfeld Berchtesgaden stand von Beginn an unter einem guten Stern: Hatten im Jahr zuvor noch kühle Herbsttemperaturen und Nebelschwaden so manchen Oldtimer-Fan von einem Besuch am Berg abgehalten, erstrahlten die Berchtesgadener Alpen am letzten September-Wochenende 2016 in prachtvollem Spätsommerwetter.
Passend zu dieser Traumkulisse herrschte auch im Fahrerlager Volksfeststimmung. Nicht weniger als knapp 12.000 Zuschauer pilgerten an den beiden Veranstaltungstagen gen Gipfel, um mit Gleichgesinnten das Revival der legendären Berg-Europameisterschaftsläufe der 1960er- und 1970er-Jahre zu zelebrieren. Wer durch das historische Fahrerlager schritt, sah ausschließlich lachende Gesichter. 147 Fahrzeuge, darunter viele beinahe unbezahlbare Originale aus der Motorsport-Historie, sorgten für Begeisterung und Szenenapplaus bei den Besuchern. Während mit Volkswagen, Porsche, Audi und Opel gleich vier große Werke ihre Schätze nach Berchtesgaden gebracht hatten, waren vor allem die vielen, oftmals exotischen Privatfahrzeuge das sprichwörtliche Salz in der Suppe. Für große Sympathie sorgten abermals die über 20 historischen Busse, mit denen sich Jung und Alt aufs Roßfeld chauffieren ließen.
Absoluter Publikumsmagnet war – wie in den Jahren zuvor – der Botschafter des Events, Walter Röhrl. Im Rahmen des 2016er-Themenschwerpunkts »Die Fahrzeuge des Walter Röhrl« nahm der zweifache Rallye-Weltmeister jeden seiner Demonstrationsläufe in einem anderen Original-Rennfahrzeug aus seiner erfolgreichen Karriere in Angriff. Darunter der legendäre Audi Sport Quattro S1 von 1985, der Fiat 131 aus dem WM-Jahr 1981, das WM-Siegerfahrzeug von 1981, der Opel Ascona 400 oder der Ford Capri 2600 RS, mit dem er 1972 bei der Olympiarallye seinen internationalen Durchbruch geschafft hatte.
Vervollständigt wurde diese noch nie dagewesene Ansammlung originaler Röhrl-Rennboliden von der Fahrzeug-Ausstellung im Fahrerlager. Vor allem das 720-PS-Monster Audi 90 Quattro IMSA GTO aus 1989 und der Audi Quattro 200 Trans Am aus dem Jahr 1988 waren dort die meistfotografierten Fahrzeuge.
Auch die prominenten Gäste waren vom vierten Edelweiß-Bergpreis begeistert. Der Präsident des Deutschen Motor Sport Bundes (DMSB), Hans Joachim »Strietzel« Stuck, von der familiären Stimmung angetan, ließ sich im Gespräch mit Sprecher Rainer Braun sogar zu einem begeisterten Jodler hinreißen. Legenden wie Harald Demuth, Herbert Linge und Eberhard Mahle genossen sichtlich das Bad in der Menge und nahmen sich jede Menge Zeit für die Autogrammwünsche der Fans. Mahle, zu diesem Zeitpunkt jugendliche 84 Jahre alt, sprach sogar von der schönsten Veranstaltung seines Lebens.
Kein Wunder: Schließlich war es dem Mitinhaber des Mahle-Kolben-Imperiums im September 2016 vergönnt, in seinem Original-Rennfahrzeug aus dem Jahr 1966 Platz zu nehmen. Damit tat es Ebs den anderen Legenden gleich, welche die Berchtesgadener Bergwelt zur ganz persönlichen Zeitreise nutzten, darunter Hans Herrmann, Rudi Lins oder Manfred Schurti. Um nichts weniger rührend: Die Söhne großer Väter in deren Autos, wie Jürgen Barth oder Sepp Greger jun.
Zur Erinnerung: Nach einigen Rückschlägen, darunter einem Beinbruch, der dem damals 33-jährigen Mahle um ein Haar das Bein gekostet hätte, hatte der Privatfahrer mit dem von Gerhard Mitter vorbereiteten Elfer mit der Startnummer 47 im Jahr 1966 die Wertung der GT-Fahrzeuge gewonnen – und holte sich in der Folge sogar die Gesamtwertung der erstmals ausgeschriebenen Berg-Europameisterschaft. Ein halbes Jahrhundert später kam es beim Edelweiß-Bergpreis Roßfeld 2016 zu einem emotionalen Wiedersehen. Das Auto wurde punktgenau zum Start des Rennens restauriert. Angesichts der lautstarken Sympathie-Bekundungen der Zuschauer an der Strecke war es wenig verwunderlich, dass die Jury Ebs Mahle mit »seinem« Porsche 911 zum Gesamtsieger aller Klassen kürte. Dieser, nicht auf den Mund gefallen, gab angesichts seines Sieges dem Roßfeld-Initator Joachim Althammer ein Versprechen: »Nun muss ich wohl 100 Jahre alt werden – denn ich will noch achtmal beim Roßfeldrennen starten.«